In der Saison 2009 sind Patrick Wagner und Daniel Schellhaas das erste gemeinsame Rennen auf der Nordschleife gefahren und haben zur Saison 2010 das W&S Motorsport Team gegründet. Seitdem haben sie nicht nur kontinuierlich das Team vergrößert und die Geschäftsbereiche erweitert, sondern vor allem viele Erfolge in 24h-Rennen, in der Langstrecken-Serie, der GTC Serie, bei der ADAC GT4 Germany und der GT4 European Series eingefahren. In der Werkstatt und der Boxengasse setzt das Team auf Werkzeuge von GEDORE.
Im Interview mit GEDORE berichtet Daniel Schellhaas, ehemaliger Rennfahrer, Rennmechaniker und Geschäftsführer von W&S Motorsport, vom Alltag auf und neben der Rennstrecke.
Daniel Schellhaas, ehemaliger Rennfahrer, Rennmechaniker und geschäftsführender Gesellschafter von W&S Motorsport
GEDORE:
Daniel, hinter dir liegen 10 Jahre als aktiver Rennfahrer in der RCN, VLN (heute NLS) und beim 24h-Rennen von 2008 bis 2018. Jetzt bist du mit gerade einmal Mitte 30 Geschäftsführer eines erfolgreichen Motorsport-Unternehmens. Wann und wie war dein erster Kontakt mit der Rennszene?
Daniel:
An den ersten Kontakt kann ich mich nicht erinnern, ich war zu klein! Mein Vater ist, als ich auf die Welt gekommen, bin bereits in der VLN (heute NLS) gestartet und ich war im Babyalter schon dabei! Ich habe dann recht spät, im Alter von 15 Jahren, mit dem Kartfahren angefangen und bin dann mit ca. 20 Jahren zusammen mit Patrick das erste Mal im Auto gestartet.
GEDORE:
Warum hast du dich für einen Wechsel vom Fahrersitz in den Chefsessel entschieden und wie hat sich deine Arbeit verändert?
Daniel:
Ich möchte alle Sachen 120% machen und bin da sehr akribisch! Von der Rennstrecke heimzufahren und zu wissen, dass man als Fahrer und Team nicht 100% performt hat, kam für mich schnell nicht mehr in Frage. Beides perfekt zu meistern, als Teamchef das Unternehmen und das Rennteam zu führen und gleichzeitig Rennen zu fahren, ist aus meiner Sicht unmöglich!
Als Geschäftsführer muss ich viele Entscheidungen treffen, Budgets planen, Prozesse optimieren, Rennveranstaltungen aufarbeiten und entsprechend die nächsten Rennen vorbereiten.
Patrick hält mir den Rücken in der Werkstatt frei und kümmert sich um die Vor- und Nachbereitung der Fahrzeuge, die Wartungen und Umsetzung der Optimierungen. Mit Patrick Schweikert haben wir einen Werkstattleiter für den Straßensport und die Standard Kfz-Arbeiten, der uns beide enorm unterstützt und das Unternehmen vor Ort führt, wenn wir beide an verschiedenen Rennstrecken Europas unterwegs sind.
GEDORE:
Dein Partner, Patrick Wagner, und du seid nicht nur Geschäftsführer sondern auch Ingenieur bzw. KFZ- und Rennmechaniker. Du hast sogar selbst 10 Jahre Erfahrung auf der Rennstrecke gesammelt. Inwiefern hat das Einfluss auf euer Handeln und eure Entscheidungen als Geschäftsführer?
Daniel:
Sehr großen, wir haben ja alles von Grund auf aufgebaut und sind Schritt um Schritt die Wege gegangen, um dort zu sein, wo wir heute sind! Wir wissen genau wie hart dies war und wie viel Leidenschaft und Energie darin steckt! Daher wollen wir natürlich keine „falschen“ Entscheidungen treffen!
Durch unsere praktische Erfahrung haben wir den Vorteil, Kosten und Nutzen bei jeder Entscheidung klar gegenüberstellen zu können. Immer rational, schnell und mit einer guten Begründung. Das ist bei vielen Teamchefs so. Die starke Verbindung mit dem Motorsport und die Erfahrung von Boxengasse und Rennstrecke prägen und helfen, die richtige Entscheidung für das Team zu treffen.
GEDORE:
Wie nah seid ihr noch am Renngeschehen dran?
Daniel:
Einer von uns ist bei jeder Veranstaltung mit dabei und führt das Team. Patrick ist Teamchef bei den Langstreckenrennen und ich bei den GT4 Meisterschaften.
W&S Motorsport und die GT-Klasse
GEDORE:
Ihr startet in den Serien NLS, RCN und dem GTC Race sowie in der ADAC GT4 und der GT4 European Series. Dort fahrt ihr einen Erfolg nach dem anderen ein. Was ist eurer Erfolgsgeheimnis?
Daniel:
Das können wir natürlich nicht im Detail verraten! Sicherlich ist ein großer Aspekt das Gesamtpaket aus Team, Fahrzeugen, Technik und Fahrern perfekt zusammen zu bekommen. Das ist nicht immer einfach, da man an einem Rennwochenende sehr viel Einflussfaktoren und nur sehr wenig Zeit hat. Man darf alle diese Punkte nicht aus den Augen verlieren und muss stetig und konstant an allen arbeiten und die Abläufe optimieren.
Die Autos laufen dank der Tests und vorheriger Einstellungen in der Regel fehlerfrei. Hinter den Rennkulissen passiert so viel, von dem der Zuschauer gar nichts mitbekommt: Fahrzeugeinstellungen, unter anderem für Abtrieb, Spursturz, Fahrzeughöhe, Luftdruck der Reifen, sind oft das Zünglein an der Waage.
Und die Kondition der Fahrer ist nicht zu vernachlässigen. Hier kommt es auf die Betreuung an. Unsere Fahrer müssen top-fit sein. Das Team in der Boxengasse natürlich auch. Hier kann ein Fehler wertvolle Sekunden kosten. Ein unkalkulierbarer Faktor ist oft das Wetter – vor allem am Nürburgring unberechenbar.
Bei unseren Fahrzeugen – insbesondere bei den neuen GT4 RS Cayman und 992 GT3 Cup – müssen wir uns von Rennen zu Rennen an die optimalen Einstellungen herantasten. Das Feld in der GT4 ist so eng, da kommt es auf die Tagesform an. Man braucht auch Glück, bzw. darf kein Pech haben!
GEDORE:
In der GT4 gibt es im Vergleich zu den anderen Klassen keine Regeln in Bezug auf Hubraum oder ähnliche Kriterien. Die Fahrzeuge haben unter 500 PS und weniger Leistung und Aerodynamik als die GT3-Boliden. Was macht den Reiz an den GT Klassen aus?
Daniel:
Der Grundgedanke der GT4 ist ein anderer: der Wettbewerb wird so eng wie möglich gehalten. Das macht den großen Reiz aus und ist gleichzeitig die Herausforderung. Als Beispiel: Wir haben aktuell im den Qualifikationsläufen 25 Fahrzeuge innerhalb einer Sekunde!
Die Fahrzeuge sind homologiert, das bedeutet, sie sind in der Basis konstruktionsgleich. Der Hersteller baut den Boliden, stellt ihn beim Belgischen Motorsportverband („Herrscher“ über die GT4) vor, wo er auf GT4-Standard gebracht und für die Serie abgenommen wird. Alles anhand eines 150 Seiten starken Regelwerks: Um die verschiedenen Hersteller auf ein Niveau zu bringen nimmt der Veranstalter eine Einstufung der Fahrzeuge vor, im Bereich Leistung, Fahrhöhe und Gewicht.
Wir selbst haben entsprechend keinen Spielraum für die Weiterentwicklung der Fahrzeuge. Es kommt umso mehr auf die Feinheiten an: Fahrerkönnen und Qualifikation der Mechaniker, um Rundenzeiten und Zeiten in der Boxengasse zu optimieren.
GEDORE:
Habt ihr Ambitionen in die GT3 zu wechseln?
Daniel:
Aktuell liegt der Fokus auf den Langstreckenrennen und den GT4 Meisterschaften. Hier haben wir uns klar spezialisiert und wollen in den kommenden Jahren weitere Meistertitel einfahren!
Mit einem Klassenwechsel müssten wir Mechaniker und Fahrer aufstocken, neue Fahrzeuge beschaffen und auch in puncto Werkzeug unser Sortiment erweitern. Da wir in der GT3 mehr Spielraum in der Fahrzeugadaption hätten, müsste je nach Entwicklungen das passende Werkzeug her. Aktuell ein Blick in die Glaskugel.
Werkzeuge und die Arbeit in der Boxengasse
GEDORE:
Damit ihr in den Rennen einwandfreie Ergebnisse einfahrt, müssen eure Fahrzeuge im Top-Zustand sein. Welche Rolle spielt neben der Expertise eures Teams die Qualität eurer Werkzeuge?
Daniel:
Die Cayman GT4 basieren sehr stark auf den Serienfahrzeugen. Elektrik und Diagnose erfolgen analog der Serie. Der 992 GT3 Cup ist ein reinrassiges Rennfahrzeug. Viele Dinge gehen hier einfach schneller. Ein Getriebeausbau im Cup geht in 30 Minuten. Beim Cayman liegen wir hier eher bei 3 Stunden. In diesen und allen anderen Fällen gilt: Hat das Werkzeug nicht die passende Qualität, verursachen wir Schäden, verlieren Zeit oder Werkzeug und Material – im schlimmsten Fall verletzt sich ein Teammitglied. Ein Beispiel: Unsere ersten bestückten Werkbänke von GEDORE aus 2017 und die neuen sind 100% identisch. Wir haben praktisch keinen Verschleiß am Werkzeug und konnten auf den alten Bestand einfach aufbauen. Das bringt nicht nur einen Vorteil bei der Beschaffung, sondern gibt uns auch das gute Gefühl, uns auf der Rennstrecke zu 100% auf das Werkzeug verlassen zu können.
GEDORE:
Im Dauereinsatz sind Drehmomentschlüssel. Welche sind eure Qualitätsmerkmale?
Daniel:
Hochpräzise und kraftschonend! Je geringer die Toleranz zum eingestellten Wert, desto besser. Vor allem, wenn wir uns im Bereich der Optimierung der Fahrzeugeinstellungen bewegen. Und wichtig ist, dass unser Team sich bei den anstrengenden Einsätzen nicht verausgabt. Wir müssen nicht nur mental, sondern auch körperlich viel leisten.
GEDORE:
Welche Drehmomentschlüssel sind im Einsatz und wofür?
Daniel:
Bei den GT4 Fahrzeugen setzen wir Standard-Drehmomentschlüssel ein. Die Drehmomentschlüssel mit Messfunktion wie der Torcotronic kommen bei der Überprüfung des Sperrdifferentials zum Einsatz und sind wichtig, um dessen Zustand und Verschleiß zu dokumentieren und die Balance des Rennfahrzeugs im Auge zu behalten. Für die Anzugsdrehmomente der Zentralverschlüsse der GT3 haben wir den DREMOMETER im Einsatz. Hier benötigen wir ein präzises Drehmoment von 550 Nm. Für die Standard 5-Loch-Radnabe mit 120 Nm Anzugsdrehmoment verwenden wir die GEDORE DREMASTER. Auch für Anzugsdrehmomente an diversen Schrauben rund um den Aluminium-Träger und beim Austausch von Bauteilen, etwa Schwungscheibe oder Kupplung. Drehmoment braucht man im Bereich Reparatur und Wartung immer und in allen Drehmoment-Bereichen.
GEDORE:
Wie gestaltet ihr eure Messmittelverwaltung?
Daniel:
Im laufenden Rennbetrieb sind die Drehmomentschlüssel hohen Kräften ausgesetzt und werden dauerbeansprucht. Da ist auch mal die ein oder andere Reparatur notwendig – regelmäßiger Service sowieso. Alle Messmittel haben eine entsprechende Inventarnummer und hinter dieser ist das Prüfungsdatum hinterlegt. Diese werden nach Vorgabe einer bestimmten Zeit an GEDORE in den Service gegeben – zur Kalibrierung und Wartung.
GEDORE:
Wie organisiert ihr das ganze Werkzeug?
Daniel:
Alle Werkzeuge befinden sich in den GEDORE Schaumstoffeinlagen und sind farblich zur entsprechenden Werkzeugkiste gekennzeichnet. Die Einlagen an sich sind schon super, um den Überblick zu behalten. Denn wir haben alles in mindestens dreifacher Ausführung.
Abseits der Rennstrecke
GEDORE:
Nach der Saison ist vor der Saison. Wann fahrt ihr die letzten Rennen und wie bereitet ihr euch in der Pause auf die nächste Saison vor?
Daniel:
Im Oktober finden bei fast allen Rennserien die finalen Läufe statt. Wir haben aber auch im Winter ein schönes Programm im Ausland mit verschiedenen Track Days und Testtagen. Bis dahin sind wir fast immer unterwegs! Dieses Jahr bestreiten wir gesamt 53 Rennen, hinzu kommen zahlreiche Testtage. Reparaturen und Wartungen werden ständig zwischen den Rennen erledigt. Daher gibt es nach der Saison keine speziellen Arbeiten. Oft ändert sich das Design der Fahrzeuge. Dafür stehen zwischen den Saisons viele Wartungsarbeiten am Fuhrpark an. Instandhaltung der Trailer, Zugmaschinen und Equipment. Weiterentwicklung des Teams, Optimierung der Abläufe und Planung der neuen Saison.
GEDORE:
Warum GEDORE als Werkzeugpartner?
Daniel:
GEDORE steht für über 100 Jahre Werkzeugkompetenz aus einem Familienunternehmen! GEDORE fertigt in der eigenen Schmiede hochwertiges und langlebiges Werkzeug, welches bereits seit Jahren in unserem Unternehmen zum Einsatz kommt. Wir sind von der Qualität mehr als überzeugt! Die Sonderlösungen im Automotive-Bereich sind quasi noch die Kirsche auf der Sahne. Bei der Auswahl unseres Werkzeugpartners haben wir nichts dem Zufall überlassen und haben uns verschiedene Werkzeughersteller aus Deutschland angeschaut. GEDORE war unsere erste Anlaufstelle! Qualität, Langlebigkeit und schnelle Verfügbarkeit spielten eine große Rolle. Der Service und den direkten Kontakt zum Hersteller, um auch über Sonderlösungen zu sprechen, war uns ebenso wichtig.